Vollziehung kollegialer Beschlüsse (§ 27)
Der Bürgermeister hat die vom Gemeinderat und Gemeindevorstand gesetzmäßig gefassten Beschlüsse durchzuführen.
Die Wendung „gesetzmäßig gefasst“ weist auf die Einhaltung formaler Regeln hin, wie etwa die Einhaltung der Bestimmungen über die Einberufung des Gemeinderates und des Gemeindevorstandes oder die Bedachtnahme auf deren Beschlussfähigkeit.

Kommt der Bürgermeister zur Auffassung, dass ein Beschluss den eben aufgezeigten Prüfungsmaßstäben nicht entspricht, darf er einen solchen Beschluss nicht vollziehen.
Diesen Umstand wird der Bürgermeister dem betreffenden Kollegialorgan mitzuteilen haben, damit dieser in die Lage versetzt wird, eine Beschlussfassung im Einklang mit den formalrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung herbeizuführen.


Vollziehungsarten von Beschlüssen
Die Art der Durchführung der gesetzmäßig gefassten Beschlüsse (Rechtsform) ist von deren Rechtscharakter abhängig:

  • Beschlüsse behördlichen Charakters, die sich auf einen generellen Adressatenkreis beziehen, sind als Verordnung kundzumachen;
  • Beschlüsse behördlichen Charakters, die sich auf eine oder mehrere individuell bestimmte Personen beziehen (individueller Adressatenkreis), sind entsprechend den jeweiligen Verfahrensvorschriften (AVG, BAO) durch einen Bescheid auszufertigen und zuzustellen;
  • Beschlüsse im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung sind mit den im Bürgerlichen Recht vorgesehenen Mitteln durchzuführen (Vertrag, Klage).

Beschlüsse mit Genehmigungsvorbehalt
Falls ein Beschluss an eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde gebunden ist, hat der Bürgermeister diese vorher einzuholen.
Genehmigungsvorbehalte finden sich nicht nur in der Gemeindeordnung selbst, sondern auch in anderen Landesgesetzen (z.B. Gemeindebedienstetengesetz und Raumplanungsgesetz).

Über das Wesen des Genehmigungsvorbehaltes informiert ein eigenes Kapitel.


Volksabstimmung über Beschlüsse
Jeder Beschluß des Gemeinderates ist inhaltlich daraufhin zu überprüfen, ob er im Hinblick auf die durch das Institut der Volksabstimmung konkretisierten Mitwirkungsrechte der Gemeindemitglieder an der Vollziehung sofort Geltung erlangt oder nicht:

  • Hinsichtlich folgender Angelegenheiten erlangt ein Beschluß sofort (unbeschadet notwendiger weitergehender Verfahrensschritte) Geltung (hierüber ist keine Volksabstimmung durchzuführen):
    • Wahlen der Gemeindeorgane
    • konkrete Personalfragen
    • Gemeindeabgaben
    • Tarife
    • Angelegenheiten, die die Erlassung eines Bescheides bedingen;
  • alle anderen Beschlüsse sind unverzüglich nach Beschlußfassung durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Solche Beschlüsse erlangen frühestens nach Ablauf einer Woche nach Kundmachung Geltung, es sei denn, dass ein Antrag auf Durchführung einer Volksabstimmung beim Gemeindeamt angezeigt wird. Ein solcher Antrag muss von mindestens 5 v.H. der zum Gemeinderat Wahlberechtigten innerhalb einer Woche nach Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses eingebracht werden.


Vorgangsweise bei Bedenken gegen einen Beschluss
Falls also der Bürgermeister der Auffassung ist, dass ein Beschluss des Gemeinderats ein Gesetz oder eine Verordnung verletzt, so hat er mit der Vollziehung innezuhalten. Er hat binnen zwei Wochen unter Bekanntgabe der gegen den Beschluss bestehenden Bedenken eine neuerliche Beschlussfassung in der Angelegenheit zu veranlassen.


Unter dem Begriff „neuerliche Beschlussfassung“ kann es sich um einen sog. „Beharrungsbeschluss“ handeln, also um einen solchen, mit welchem der ursprüngliche Beschluss (sozusagen „wortwörtlich“) wiederholt wird, oder um einen gegenüber dem ursprünglichen Beschluss geänderten Beschluss.


Die zweiwöchige Frist beginnt mit dem Tag der Beschlussfassung des Gemeinderates zu laufen. Der Bürgermeister hat daher so rechtzeitig den Gemeinderat - unter Bekanntgabe der wesentlichen gegen den Beschluss bestehenden Bedenken in der Einladung zur Gemeinderatssitzung - einzuberufen, dass dieser noch innerhalb der genannten Frist einen neuerlichen Beschluss in der Angelegenheit fassen kann.


Werden die Bedenken durch den neuerlichen Beschluss nicht behoben, so hat er innerhalb von zwei Wochen - vom Tag der neuerlichen Beschlussfassung an gerechnet - von der Aufsichtsbehörde die Entscheidung einzuholen, ob der Beschluss zu vollziehen ist.


Vorgangsweise bei Bedenken gegen einen Beschluss des Gemeindevorstands
Richten sich die Bedenken des Bürgermeisters dagegen, dass einen Beschluss des Gemeindevorstands ein Gesetz oder eine Verordnung verletzt, hat er ebenfalls mit der Vollziehung innezuhalten und (ohne zeitliche Bindung) die Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Gemeinderates aufzunehmen, der nun zu entscheiden hat, ob der Beschluss des Gemeindevorstandes zu vollziehen ist. Erachtet der Bürgermeister nunmehr auch diesen Beschluss für rechtswidrig, hat er so vorzugehen wie bei Bedenken gegen einen Beschluss des Gemeinderates.


Entscheidung der Aufsichtsbehörde
Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde erfolgt in Form eines Bescheides. An die in diesem Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung ist die Gemeinde (der Bürgermeister) gebunden. Allerdings kann dieser Bescheid beim Landesverwaltungsgericht angefochten werden.
Trifft die Aufsichtsbehörde innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung, dann kann eine Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden.
Ist die Landesregierung säumig, dann ist gegen deren Untätigkeit ebenfalls die Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden.